Flexible Fräsmaschine als idealer Starthelfer
Den Dreh- und Angelpunkt der neugegründeten Karl Müller Zerspanungstechnik bildet die Kairos 8000 von Zayer zur Schwerzerspanung von Großbauteilen.
Die Karl Müller GmbH, Muttergesellschaft der Karl Müller Zerspanungstechnik GmbH, beide angesiedelt in Alpen, existiert seit 1967 und widmet sich bereits in 3. Generation der Ersatzteilversorgung von Baumaschinen. Insbesondere handelt es sich dabei um Verschleißteile etwa für Radlader, Bagger und Scraper. Seit 2004 kommt im Hause Müller eine 3-Achs-Fräsmaschine zur kundenspezifischen Bearbeitung der Maschinenteile zum Einsatz. So konnten Verschleißteile aufbereitet oder Spezialanfertigungen geliefert werden. Zudem hatten die Kunden den Vorteil von kürzeren Lieferzeiten und Just-in-Time-Lieferungen. „Erst im Jahr 2016 war aus unserer Sicht die Zeit reif, sich erneut Überlegungen hinsichtlich der Ausweitung von Zerspanungsaufträgen zu machen“, berichtet Armin Müller, Geschäftsführer der Karl Müller GmbH. „Mit unserer Erfahrung auf diesem Gebiet waren wir keine Newcomer und wir wollten die Möglichkeit nutzen, uns strategisch neu aufzustellen. Daher kam uns der Gedanke, ausschließlich zur Durchführung von Zerspanungsaufträgen ein Tochterunternehmen zu gründen. Mein Sohn Thomas und sein Geschäftspartner Thomas Geldmacher, beide ausgebildete Zerspanungstechniker, zeigten entsprechende Ambitionen zur Selbstständigkeit.“
Outsourcing von typischen Zerspanungsaufträgen
Die Gründung der Karl Müller Zerspanungstechnik GmbH erfolgte dann Anfang 2016. Zunächst plante man, in eine neue 3-Achs-Fräsmaschine zu investieren, als Ergänzung zu der bereits vorhandenen Anlage. Denn es bot sich in erster Linie ein Outsourcing der typischen Zerspanungsaufträge der Muttergesellschaft an. Da es sich bei den bisherigen Werkstücken vornehmlich um Flachprodukte handelte, erschien ein Verfahrweg von 6.000 bis 7.000 mm für die X-Achse zunächst als ausreichend. Um sich aber auch neue Märkte zu erschließen und gleichzeitig möglichst mit Alleinstellungsmerkmalen attraktiv zu sein, wurden die Anforderungen an das neue Bearbeitungszentrum während des Anschaffungsprozesses deutlich gesteigert. Man orientierte sich schließlich bewusst an einer präzisen Zerspanung von Bauteilen mit relativ großen Abmessungen.
Kurz vor der Entscheidung erhielten die Verantwortlichen einen Hinweis auf den spanischen Fräsmaschinenhersteller Zayer und deren deutsche Generalvertretung Iberimex. Nach Gesprächen mit nahezu allen namhaften Anbietern fiel die Entscheidung zuletzt zwischen zwei Herstellern – und zugunsten von Zayer. „Rückblickend steuerten wir eigentlich konsequent den Premiumbereich der Bearbeitungszentren an“, berichtet Thomas Müller. „Die Kairos überzeugte uns durch ihre hohe Maschinenperformance und durch die ausgeklügelten Konfigurationsmöglichkeiten, um eine große Bearbeitungsflexibilität zu erzielen. Letztlich gaben Referenzbesuche den Ausschlag.“
Möglichkeit einer Pendelbearbeitung kam hinzu
Das Anforderungsprofil umfasste Kriterien wie eine verformungssteife Maschinenkonstruktion, hohe Prozessstabilität und Geometrietreue. Darüber hinaus muss die Bearbeitung von komplexen und schwer zugänglichen Flächen sowie eine einfache Bedienung und Programmierung sichergestellt sein. „Es kam uns auf die Einhaltung sehr genauer Pass- und Stichmaße von Führungen, Planparallelität sowie Winkeligkeit einschließlich einer hinreichend genauen Positioniergenauigkeit an“, schildert Geldmacher. „Noch kurz vor Vertragsabschluss haben wir uns für die Möglichkeit einer Pendelbearbeitung entschieden. Das heißt, wir haben die Konfiguration der Anlage um eine mobile Trennwand erweitert. Auf diese Weise kann ein paralleles Rüsten zur Hauptzeit erfolgen, was Rüstzeiten spart. So sind wir auch bei mittelgroßen Bauteilen wettbewerbsfähig.“ Durch Entfernung der Trennwand lassen sich deutlich längere Bauteile fertigen.
Kairos bietet unterschiedliche Voreinstellungen
Die Kairos bietet Voreinstellungen für unterschiedliche Bearbeitungsstrategien, Schrupp-, Schlicht- und Präzisionsbearbeitung, die über einen Zyklus ausgewählt werden. Weitere, nicht zu unterschätzende Aspekte betreffen den Umweltschutz. Hier fallen unter anderem die Optimierung der Antriebsmotoren mit geringem Energieverbrauch, der Einsatz von Kühlschmierstoffen mit niedriger Umweltbelastung oder die Fettdauerschmierung der Maschine positiv auf.
Neue Halle kann an Bedürfnissen ausgerichtet werden
Im Zuge der Planungsaktivitäten für das neue Unternehmen ergab sich, dass in der alten Firma keine geeignete Stellfläche verfügbar war. Eine neu errichtete Halle in der Nachbarschaft mit einer Produktionsfläche von 1.200 m² bot sich der Karl Müller Zerspanungstechnik als ideales Mietobjekt an. „Unser Vorteil war der noch unfertige Zustand der neu gebauten Halle. Eigene Ideen und Absichten konnten so uneingeschränkt einfließen“, erzählt Thomas Müller. „Außerdem war es von Vorteil, dass der Hallenboden bis dato nicht gegossen war. Hier konnten wir mit Statikern und Betonbauern, auf Empfehlung von Iberimex, eine 2 m dicke Bodenplatte zur Lastaufnahme der 45 t schweren Anlage gießen und somit beste Bedingungen für den Aufbau unserer Zayer Kairos 8000 schaffen“, ergänzt Geldmacher. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls eine vollflächige Fußbodenheizung verlegt, so dass eine konstante Temperatur von etwa 20° in der Halle herrscht. Damit wird ausgeschlossen, dass Temperaturschwankungen Einfluss auf Werkstück, Werkzeug und Maschinengeometrie nehmen und die Positionier- sowie Fertigungsgenauigkeit beeinflussen.
Platz für 40 Werkzeuge
Nach einer Vorabnahme einschließlich der Durchführung von Testbearbeitungen auf der georderten Fräsmaschine im Zayer-Werk in Spanien fand die Endabnahme in Alpen im Mai 2017 statt. Seitdem verfügt das junge Unternehmen über eine Fahrständer-Fräsmaschine mit Verfahrwegen (X, Y, Z) von 8.500 mm × 3.000 mm × 1.500 mm. Weil die kundenspezifische Maschinenkonfiguration auch einen Rundtisch zur Aufnahme von Bauteilen mit einem Durchmesser von 2.500 mm beinhaltete, lassen sich Werkstückbearbeitungen mit Einbeziehung der B-Achse unter Nutzung von sechs Achsen realisieren. Weitere vorteilhafte Features liegen in der stufenlosen Voreinstellung des Simultan-Universalfräskopfes, einer stirnseitigen Bearbeitung sowie in der präzisen Planparallelität, die noch bei voller Ausladung von 1.600 mm erreicht wird. Für den Werkzeugwechsel steht ein automatisches Werkzeugwechselmagazin mit 40 Plätzen zur Verfügung. Zur Maschinensteuerung kommt die Heidenhain-Steuerung iTNC 530 zur Anwendung. Sie wurde zusätzlich mit einer integrierten zweikanaligen Kollisionsüberwachung ausgestattet, welche Maschine und Werkzeuge schützt.
Bei dem zum Einsatz kommenden Universalfräskopf handelt es sich um eine Ausführung mit zwei CNC-Achsen (A, C) für Bearbeitungen auf 5-Achs-Maschinen sowohl im Positionierbetrieb stufenlos alle 0,001° als auch optional im Simultanbetrieb mit kontinuierlicher Drehung. Die Anordnung der beiden Achsen ermöglicht Bearbeitungen in negativen Winkelbereichen bis 30° bezogen auf den Frässchieber.
Fräskopf wird justiert
Mit der für Zayer patentierten automatischen Fräskopfjustierung ist eine Prüfung und Korrektur der Fräskopfgeometrie jederzeit möglich. Dazu dient die Kompensationssoftware „iCal“, welche gewährleistet, dass sich der Fräskopf in allen Positionen innerhalb der korrekten Toleranzen befindet. Da beide Achsen über ein direktes Messsystem verfügen, können eventuelle Abweichungen über die Software genau und automatisch eingestellt und kompensiert werden, weiß Andreas Stratmann von Iberimex zu berichten. Dadurch wird sichergestellt, dass der Kopf stets zu 100 % mit exakter Ausrichtung zur Verfügung steht. So kann mit diesen Kontrollmechanismen durchaus über Nacht oder auch über das Wochenende ein Bearbeitungsprogramm gestartet werden. Mit Beendigung eines programmierten Fertigungsprozesses erfolgt nach dem Öko-Prinzip automatisch das energetische Abschalten der Maschine. Ein zur Verfügung stehendes Protokoll liefert dem Bediener detailliert Aufschluss über den gesamten Fertigungsprozess.
Hochpräzise Bauteile im Rahmen der Schwerzerspanung
„Wir sind in der Lage, hochpräzise große Bauteile als Lohnfertiger im Rahmen der Schwerzerspanung für den Stahl- und Formenbau zu realisieren“, betont Thomas Müller. „Die Maschine erhielt eine umfassende Ausstattung, so dass wir – gepaart mit unserem Know-how – den speziellen und oft einzigartigen Anforderungen unserer Kunden gerecht werden können. Durch die Flexibilität können wir die effektivste Möglichkeit der Bearbeitung auf unserer Maschine auswählen.“ Geschäftsführer-Kollege Geldmacher ergänzt: „Mit der Kairos 8000 ist es uns gelungen, meist in viel kürzerer Zeit Bauteile zu fertigen als unser Wettbewerb. Das konnten wir als erste Zwischenbilanz feststellen. In unserer Branche überlegt man sich sehr gut, ob man mit einer Investition zu einer moderneren Maschine wechselt. Hier haben wir im Vorfeld durchaus unsere Hausaufgaben gemacht. Denn ohne einen Businessplan bringt einen auch die beste Idee nicht weiter.“
Veröffentlicht in: NCFertigung, November 2018
Text: Dr. Ralf V. Schüler